We Are Still Here

2020
Loudspeakers, audio-piece (2.1 sound, 17:54, loop), plaster, laserprint on paper
100 x 350 x 400cm (site specific, variable)

«We Are Still Here» (2020) at «Auswahl 20», Aargauer Kunsthaus, Aarau (Photo: René Rötheli)

Christoph Brünggel · Excerpt 1

Christoph Brünggel · Excerpt 2

Christoph Brünggel · Excerpt 3

Christoph Brünggel · Excerpt 4

In WE ARE STILL HERE (2020) hören wir Stimmen, die an denselben Krisenmoment erinnern. Das Hörstück beginnt mit sonderbaren Beobachtungen im Alltag, dann steigern sich die Berichte zu dramatischen Ereignissen, die von einer bebenden Brücke erzählen, die letztlich zusammenbricht. Es sind anonymisierende Computerstimmen, die transkribierte Ausschnitte aus Interviews zu einem Erdbeben sprechen. Die Stimmen von Google, Apple und Amazon kommen der menschlichen Stimme verblüffend nahe. Dennoch sorgt die prosodische Textinterpretation durch die Stimmsynthese- Prozesse der Deep-Learning-Algorithmen für Irritation. Dies besonders da, wo die Stimmen mit den nicht alltäglichen, verstörenden Erzählungen umzugehen versuchen und dabei sonderbar emotional distanziert bleiben. Klänge, die durch Synthesizer und Computer generiert oder verändert wurden, nähern sich assoziativ den beschriebenen Geräuschen der Zerstörung an.
Verletzliche Gips-Pfeiler nehmen Bezug auf die im Beitrag erwähnte kollabierte Brücke, deren Stützen erschüttert wurden. Wie Bierdeckel unter Beinen wackeliger Tische sind «Trauma- Zettel» zur Stabilisierung unter die fragilen Pfeiler geschoben worden. Die mit Werbe- und Aufklärungsbotschaften zur Diagnose und Bewältigung von Traumata bedruckten Zettel bewahren die Pfeiler vor dem Umkippen. Die Arbeit zeichnet über die Brücke – die bricht und verstummt – ein Bild einer krisengeschüttelten Zeit.